In einer gemeinsamen Erklärung haben sich 90 Wirtschaftswissenschaftler*innen aus ganz Europa gegen die von der Kommission angekündigte Abschwächung der EU-Lieferkettenrichtlinie ausgesprochen. Die Ökonom:innen bezeichnen die Richtlinie als „entscheidenden und effektiven Schritt in Richtung einer Wirtschaft, die Menschenrechte, Umwelt und das Klima achtet“. Zu den Erstunterzeichnenden gehören auch 20 deutsche Ökonom*innen. Die Erklärung wendet sich entschieden „gegen eine Wettbewerbsstrategie, die eine Externalisierung sozialer und ökologischer Kosten zulasten von Natur, Klima und Arbeiter*innen“ akzeptiere. „Es ist wirtschaftlich, rechtlich und ethisch nicht akzeptabel, wenn die Allgemeinheit und künftige Generationen die ökologischen und sozialen Kosten unverantwortlicher Unternehmenspraktiken tragen“, heißt es weiter. „Auf Grundlage zahlreicher Forschungsarbeiten erwarten wir in Europa wie auch im Globalen Süden positive wirtschaftliche Effekte bei der Durchsetzung von Menschenrechten und Umweltstandards“, erklärt Prof. Johannes Jäger, Fachbereichsleiter für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule des BFI Wien und Mitinitiator der Erklärung. „Die Richtlinie verursacht nur geringe Kosten, wird der europäischen Wettbewerbsfähigkeit nicht schaden, sondern sie setzt die richtigen Anreize zu einer zukunftsorientierten Spezialisierung.“ Die Ökonom*innen kritisieren explizit die Bezugnahme der Kommission auf einen Bericht von Mario Draghi zur Rechtfertigung des Omnibus I Pakets zur so genannten „Vereinfachung“ der Lieferkettenrichtlinie. Draghi erwähne die Lieferkettenrichtlinie nur in einem Satz im Anhang, und auch dies ohne vertiefte Analyse. Die Ökonom*innen widersprechen der Behauptung der Kommission, Nachhaltigkeitsvorgaben des Green Deal behinderten die europäische Wettbewerbsfähigkeit. Als tatsächliche Hindernisse nennen sie die hohen Energiepreise, geopolitische Konflikte, die US-Zollpolitik, die Niedrig-Lohn-Politik und schwache Binnennachfrage in Europa, niedrige öffentliche Investitionen und Fachkräftemangel. Hier müsse die Politik ansetzen. Die Erklärung verweist auf die Zustimmung großer Teile der Wirtschaft zur Lieferkettenrichtlinie, die sich aus repräsentativen Umfragen wie öffentlichen Statements vieler Unternehmen ergebe. Die Kommission dürfe die Fortschritte europäischer Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit nicht durch gesetzliche Rückschritte aufhalten. Stattdessen appellieren die Ökonom*innen an die Kommission: „Stellen Sie eine zeitnahe und ambitionierte Umsetzung der Lieferkettenrichtlinie und anderer Regulierungen des Europäischen Green Deal sicher! Die sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft ist notwendiger denn je angesichts von Krisen, Konflikten und des Aufstiegs rechtsextremer Parteien.“
Hier finden Sie das StatEN-Economists-Statement-with-signatories-19-May-2025_2025-05-19.pdfement inklusive aller Erstunterzeichner*innen.
aus der Pressemitteilung der Initiative Lieferkettengesetz vom 19.05.2025
90 Europäische Ökonom:innen verteidigen EU-Lieferkettenrichtlinie
