Die öffentliche Hand in Deutschland gibt pro Jahr schätzungsweise ca. 500 Mrd. Euro für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen aus (OECD 2019). Zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich seit Jahren dafür ein, dass diese Einkaufsmacht genutzt wird, um von Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechten, Sozialstandards und Umweltnormen einzufordern. Fairtrade-Towns-Gruppen und andere Initiativen versuchen, ihre Kommunen zu einer sozial-verantwortlichen und nachhaltigen Beschaffung zu bewegen. Vorreiterstädte wie Ludwigsburg, Konstanz, Stuttgart und Berlin haben bereits gezeigt, dass eine nachhaltige Beschaffung von Produkten wie Arbeitsbekleidung, Lebensmitteln, Computern und Spielwaren möglich ist. Doch in der Breite wird das Potential noch nicht genutzt, weil es keine einheitlichen Regelungen für die Bundes-, Länder und kommunale Ebene gibt.
Bürgermeister*innen, Initiativen und Unternehmen fordern gesetzliche Vorgaben für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung
Aktuell haben wir die Chance, von der Bundesregierung die Einführung einer gesetzlichen Verankerung der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung zu fordern. Denn die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag angekündigt, „die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ auszurichten und die Verbindlichkeit zu stärken“. Im Rahmen einer breiten Konsultation des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) haben sich viele Akteure für eine umfangreiche Stärkung der nachhaltigen Beschaffung ausgesprochen. Das BMWK arbeitet bereits an einem „Vergabetransformationspaket“ und hat kürzlich einen Referentenentwurf vorgelegt.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen beim Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen einzuführen! Mit einer gesetzlichen Pflicht zur nachhaltigen Beschaffung können Kommunen durch die Hebelwirkung ihres Einkaufs zu einer sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft beitragen. Für Unternehmen hätte die Regelungen den Vorteil, dass sie sich langfristig auf gleiche Anforderungen der öffentlichen Hand einstellen können und Anstrengungen in den Bereichen Soziales, Menschenrechte und Umweltschutz honoriert werden.
Insgesamt über 70 zivilgesellschaftliche Organisationen, 15 (Ober)Bürgermeister*innen sowie zahlreiche Unternehmen, Verbände, Zertifizierungsorganisationen und Expert*innen fordern in dem Appell die Bundesregierung auf, gesetzlich verpflichtende Vorgaben für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltnormen beim Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen einzuführen.
„Dass Großstädte wie Dortmund, Bremerhaven und Saarbrücken und kleinere Kommunen sowie nachhaltige Unternehmensverbände und Zertifizierungsorganisationen unseren Appell unterstützen, zeigt, dass längst nicht nur Nichtregierungsorganisationen Verbindlichkeit bei der sozial verantwortlichen und nachhaltigen Beschaffung erwarten“, sagt Christian Wimberger, Referent für Unternehmensverantwortung bei der Romero Initiative. „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Verbindlichkeit bei der nachhaltigen Beschaffung stärkt und die Auftragsvergabe an gemeinwohlorientierte Unternehmen erleichtert. Allerdings muss sie nachsteuern: Der Gesetzentwurf sieht eine Soll-Regelung vor, nach der entweder ein soziales oder ein umweltbezogenes Kriterium bei Vergaben gefordert werden soll. Eine Muss-Regelung gibt es nur für wenige Produkte. Wir fordern klare menschenrechtliche und umweltbezogene Anforderungen für alle sensiblen Produkte“, so Wimberger.
Jetzt den Appell lesen!
Appell für einen verpflichtenden nachhaltigen Einkauf von Bund, Ländern und Kommunen
Weitere Links
Forderungspapier „Nachhaltigkeitskritierien für sensible Produkte in der Vergaberechtsreform“